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Brooklyn Bridge – Little Odessa – Greenwich Village


 

29. Juni Wir haben ja drei Stunden verloren, das bedeutet, als ich aufstehe, denkt mein Körper das es eigentlich erst 4:00 Uhr ist. Aber da muss er jetzt durch – ich muss es ja auch. Ich beschließe, während Heidi sich duscht Frühstück zu besorgen.


New York ist um diese Zeit jetzt schon, was es immer in dieser Jahreszeit ist: heiß und schwül. Wir schwitzten gestern schon mehr als im gesamten Urlaub vorher. Die Luftfeuchtigkeit in dieser Stadt muss astronomisch hoch sein.


Ich finde schnell ein Deli, wo ich Joghurt, Obst und Cremecheese Bagels kaufe. Nach dem Essen starten wir Richtung Brooklyn Bridge. Wir kaufen uns an der übervollen, sich gerade in der Rushhour befindlichen Penn-Station eine Metrocard für je $10 und erreichen nach einem geschätzten Fußweg von einer Meile unseren Bahnsteig.


Die U-Bahn von New York wurde 1904 eröffnet und seitdem ist wohl auch nichts mehr an ihr erneuert worden. Es gibt auf den Bahnhöfen keine Klimaanlage und so schwimmt man bereits nach einer Minute weg.


Wir nehmen den C-Train für den ersten Abschnitt unserer Abenteuerreise. Ich habe Angst, dass wir irgendwann im Tunnel feststecken und dann im Dunkeln per pedes selbst den Ausgang finden müssen. Die Bahn fährt so langsam und stotternd, dass sie an jedem Bahnhof erst einmal eine längere Gedächtnispause einlegen muss.


Wir steigen um und fahren weiter bis zur Brooklyn Bridge – City Hall Station. Als wir wieder an das Tageslicht gelangen, ist es so heiß, dass wir zunächst auf Wassersuche gehen.


Erst als dies erfolgreich ist, wenden wir uns dieser gigantischen Brücke zu. Wir laufen bis zur Hälfte und stehen quasi mitten auf dem East River. Die Bodenkonstruktion ist aus Holz und wenn man genau hinschaut, kann man bis unten auf das Wasser schauen. Das macht mir Angst – nicht mehr den Kopf senken, hämmere ich mir ein.

Eine Spur ist für die Radfahrer, die andere, für die am meisten unterdrückte und diskriminierte Rasse in den USA – den Fußgänger (in diesem Fall auch wir). Sie bietet jedoch einen wunderschönen Ausblick.


Zur einen Seite der Stadtteil Brooklyn und zur anderen die Skyline von Manhattan mit meinem Lieblingsgebäude von New York – dem Woolworth Building.


Am Horizont ist auch das Empire State Building, majestätisch blickend, zu sehen. Der Himmel ist klar, so dass ein leichtes Flimmern in der Luft liegt.


Nach ein paar Fotos wollen wir nun in eine andere, uns noch unbekannte Welt von New York vordringen – Brighton Beach, besser bekannt als Little Odessa. Wir warten wieder eine gefühlte Ewigkeit auf die Bahn, eine Tour kostet im Moment $2,25, es ist also ein bisschen billiger als in Berlin.


Der Q-Train bringt uns ans Ziel. Zwischendurch fährt die Subway auch über der Erde, so dass wir einen Blick auf Brooklyn genießen können. Teilweise schöne, kleine Häuser mit Gärten, andererseits auch Mietskasernen in hässlich braunen Tönen gehalten.


Brighton Beach. Nachdem während der Fahrt schon viele New Yorker, mit Badeutensilien bewaffnet, einstiegen, merken wir das hier auch der Strand genutzt wird. Und richtig. Brighton Beach liegt nur unweit von Coney Island, dem einstiegen Bade- und Vergnügungsparadies der Stadt. Nachdem es jahrelang vernachlässigt wurde und deswegen vollkommen heruntergekommen war, ist Coney Island in den letzten Jahren wieder restauriert, renoviert und von der Bevölkerung akzeptiert und angenommen worden.


Als wir die U-Bahn verlassen, fühlen wir uns in einer anderen Welt. Die Reklame ist zweisprachig gehalten – russisch und englisch, wobei die kyrillischen Buchstaben dominieren und von der Größe die anderen überragen. Wir fühlen uns nach Uljanowsk oder Moskau zurückversetzt.

In den Geschäften herrscht russisches Sprachgewirr der. Wir kaufen uns zwei russische »Moroschenoje«, also Eiskrem. Leider haben sie keine Waffel, so dass wir bei der herrschenden Hitze schnell essen müssen.


Auf dem Rückweg machen wir noch einen Abstecher zum Atlantik. Der Strand ist schön weiß und schon stark besucht. Was passiert hier erst am Wochenende, wenn ganz New York anwesend ist?


In den Seitenstraßen sitzen die alten Matkas und schwatzen, nicht ohne ihre zahlreichen goldenen und silbernen Zähne blinken zu lassen. Ab und zu werden wir angesprochen – natürlich auf russisch – ob wir nicht etwas kaufen wollen. Dann lasse ich meine gelernten Freundeskenntnisse spielen und erwidere, dass mein russisch nicht mehr so gut sei.

Das hilft zwar nichts, denn dann probieren sie es auf Englisch, aber bis dahin sind wir schon weiter.


Wir fahren zurück zur 34. Straße, Ecke Heralds Square, denn, der geübte Leser meiner Urlaubsberichte wird es wohl schon vermutet haben, Heidis Tasche ist zufällig mal wieder kaputtgegangen und nicht mehr zu reparieren.


Also, deswegen 34. Straße, denn da befindet sich die Manhattan Mall. In ihr aber leider keine geeignete Tasche, die uns gefällt. »Uns« war natürlich Spaß. In Koreatown lunchen wir leckere asiatische Speisen, um dann im Hotel den wohlverdienten Mittagsschlaf in Empfang zu nehmen.


Während dessen scheidet Portugal mit 0:1 gegen Spanien aus der Fußball Weltmeisterschaft aus. Schade, denn gegen die gewinnen wir immer.


Ausgeschlafen nehmen wir die zweite Tageshälfte in Anspruch. Wir laufen Richtung Greenwich Village. Auch hier waren wir noch nie, sind nur mal kurz durchgefahren. Wir spazieren die 5th Avenue entlang, vorbei an meinem zweitliebsten Gebäude – dem Flat Iron Building. Auch hier werden wieder einige Fotos geschossen, obwohl ich doch davon schon genug habe – aber eben noch nicht mit Weitwinkel.

An der 14. Straße biegen wir rechts ab und stürzen uns ins Getümmel. Eine ganz andere Art New York erwartet einen. Wie weggeblasen sind die Skyscraper, hier herrschen die kleinen Brown Stones vor, inmitten von unzähligen Restaurants.


An der Bleecker Street müssen wir bei einem Cocktail pausieren. Das Wetter ist jetzt prima, es weht Wind – die Wolkenkratzer sind ja auch weg – und die Temperatur hat sich auf 25° C eingepegelt.


Heidi labt sich an Strawberry Mojito, ich an einer Margarita. Da wir beide mit wenig Eis bestellen, sind sie super. Wir schlendern die engen Straßen entlang, die hier mal nicht rechtwinklig, wie sonst in Manhattan, sondern kreuz und quer gehen. Unweigerlich bekommen wir Hunger – angezogen von den herrlichen mediterranen und internationalen Düften, die hier durch die Luft schwirren.


Da wir draußen sitzen wollen, was sonst in Amerika eigentlich unüblich ist, fällt uns eine Pizzeria Napoli 28 ins Auge. Es ist sehr voll, was ja auch immer ein Zeichen von guter Essensqualität ist. Leider ist kein Platz mehr frei, aber in fünf Minuten, so wird uns versichert können wir noch einmal kommen, dann ist etwas frei.



So ist es auch. Wir bestellen Rotwein, Pizza und Bruschetta und freuen uns auf einen schönen Abschluss des Abends. Den lassen wir uns auch nicht mit der ziemlich langsamen, zum Teil überforderten Bedienung vermiesen.


Wir hätten sogar ohne zu bezahlen gehen können – keiner hätte es gemerkt. Laut Navi sind es noch 2,5 Kilometer bis ins Hotel. Die flanieren wir noch auf der 6. Avenue bis zur 31. Straße. Die Häuser werden wieder höher, die Kneipen und Restaurants weniger.


Heidi geht ins Hotel und ich hole noch ein Bier, das brauche ich, um diese letzten Zeilen des heutigen Tages zu schreiben.

 

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