Callanish Stones – Carloway Broch – Butt of Lewis Lighthouse
- Holger Schweitzberger
- 21. März 2019
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. Juli 2023
20. August Für 8:15 Uhr haben wir gestern das Frühstück bestellt. Wir wollen nicht zu spät los, da wir mehrere Sehenswürdigkeiten ausgewählt haben, die wir besuchen wollen. Vor allen Dingen auf den Callanish Steinkreis bin ich gespannt, darauf freue ich mich schon, seit ich die Schottlandreise anfing zu planen.
Als ich vor dem Frühstück noch einmal die genaue Route plane, lese ich erschrocken auf der Webseite des Steinkreises, dass dieser - da Sonntag - heute geschlossen ist. Und nicht nur er hat Ruhetag, nein sämtliche Ausflugspunkte haben heute geschlossen.
Völlig frustriert begebe ich mich in den Frühstücksraum. Gestern bestellten wir schottisches Frühstück - wieder mit Ei, Bohnen, Würstchen, Black Pudding und Schinken. Doch mir ist der Appetit vergangen. Ich frage unseren Host nach möglichen Zielen für den heutigen Tag und er erwähne, dass ich gern die Küste entlang fahren möchte.
Er gibt mir ein paar Tipps, so auch den Callanish Steinkreis. Auf meinen Einwand, dass dieser doch heute geschlossen habe, erwidert er, dass damit nur das Besucherzentrum gemeint ist, den Steinkreis selbst kann man immer besuchen.
Sofort hellt sich meine Miene auf - der Tag ist gerettet, seine letzten Informationen höre ich gar nicht mehr. Gegen 9:00 Uhr besteigen wir das Auto und setzen uns auf der A859 Richtung Leurbost in Bewegung. Dann biegen wir auf die A858, Richtung Nordwesten ab.
Regnet es zuerst noch ein bisschen, so hellt sich der Himmel langsam auf und die Sonne schiebt sich immer öfter durch die dichten Wolken. Auf den Straßen ist so gut wie nichts los, die Dörfer wirken wie ausgestorben. Selbst die Schafe, so kommt es uns vor, haben heute frei und müssen nicht auf die Weide.
Nach ca. 30 Kilometern sind wir am Ziel, auf dem Parkplatz befindet sich, neben unserem, nur ein Auto. Wir müssen noch ein paar Meter laufen und stehen dann vor den riesigen Monolithen, die vor ca. 5000 Jahren errichtet wurden.
Wir sind fast allein auf dem Gelände und haben damit freies Schussfeld für unsere Kamera. Ab und zu tauchen dunkle Wolken auf, die perfekt in diese Szenerie passen. Sie geben dem Ganzen ein mystisches Bild.
Die Experten sind sich noch unschlüssig darüber, warum dieser Steinkreis errichtet worden ist. Sicher ist nur, dass er im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert wurde. Im Zentrum des Ganzen steht der größte Monolith - mit einer Höhe von über vier Metern ein gewaltiges Teil.
Die Steine sind, im Gegensatz zu denen in Stonehenge, nicht bearbeitet und wurden damals mit Holzrollen und Seilen zu ihren Standorten transportiert. Nach einer Stunde verlassen wir das Gelände, es kommen auch immer mehr Besucher, die sich nun zwischen den Steinen tummeln und alles bestaunen.
Wir setzen die Fahrt Richtung Norden fort und stoppen als nächstes am Carloway Broch. Dieser befindet sich am Loch Duin und ist ein Bauwerk aus Stein, das seinerzeit als Verteidigungspunkt und auch als Lagerstätte für Korn genutzt wurde. Ein Broch stammt aus der Eisenzeit und war vermutlich auch Wohnstätte von wichtigen Mitgliedern und Führern der Gemeinschaft.
Er wurde mit zwei konzentrischen Steinmauern und einer Treppe oder Galerie zu den oberen Etagen errichtet. Der Carloway Broch ist der besterhaltene seiner Art auf den Hebriden und besteht seit über 2000 Jahren. Auch hier sind wir fast allein und haben genug Zeit und Platz um alles zu besichtigen.
Dachte ich zuerst beim Anblick der Bilder von Brochs oder Villages, dass das alles ziemlich langweilig sei, so muss ich mein Urteil revidieren. Schade, dass die Besucherzentren geschlossen haben, sicher könnte man dort noch mehr Wissenswertes erfahren.
Es ist mittlerweile sonnig, die Schafe sind auch aus ihren Ställen gekommen und wenn sie nicht gerade fressen, blöken oder in Bushäuschen rumstehen, kacken sie die ganzen Wiesen zu. Es sieht manchmal wie auf einem Minenfeld aus.
Deshalb zieht es uns wieder weiter - nächster Stopp ist das Gearrannan Blackhouse Village. Es befindet sich an der Atlantikküste und beinhaltet eine Anzahl von restaurierten Häusern, in denen man erfahren kann, wie die damalige Bevölkerung lebte und welche Tätigkeiten sie ausführte.
Sonntags sind diese Häuser aber leider geschlossen. Weiterhin fungieren einzelne Cottages als Ferienwohnungen - es gibt schlechtere Orte, denn der fußläufig entfernte Strand ist eine natürliche Schönheit. Wir haben wieder das Glück - wie auch gestern, dass wir die Ebbe erwischen, so können wir die gesamte Pracht bestaunen. Vor dem Sandstrand liegen zigtausende wunderschöne Steine, in den verschiedensten Größen und unterschiedlichsten Mustern.
Heidi würde am liebsten einige mit nach Hause nehmen. Inzwischen ist es so warm, dass ich mich meines langen Beinkleides entledige und nur mit Shorts herumlaufe. Barfuß teste ich den Atlantik - sehr erfrischend und doch ziemlich kalt. Zum zweiten Mal im Urlaub machen wir mit den Midges - den schottischen Mücken - Bekanntschaft.
Sie sind so klein wie Obstfliegen und fallen unbarmherzig auf einen her - da kann uns nur unser Avon Mückenschutz retten. Oder die Flucht ins Auto, dabei lässt man aber auch eine stattliche Anzahl der Biester mit hinein, die später in mühevoller Kleinarbeit wieder aus dem Fenster vertrieben werden müssen.
Wir unterbrechen unsere sonnige Fahrt abermals und machen an den Norse Mill and Kiln halt. Im Gegensatz zu dem schon Gesehenen ist das nichts großartiges, eine Mühle und ein Haus für den Müller. Eingerahmt von Bergen, Flüssen, Seen und Wiesen.
Die letzten 40 Kilometer bis zum Butt of Lewis Lighthouse fahren wir ohne Stopp - obwohl es noch unzählige Gelegenheiten gibt, an denen man gern näher an das Geschehen heran würde. Vorbei an Torffeldern, vor denen der aufgereihte, gestochene Torf trocknet, erreichen wir den nördlichsten Punkt der Hybriden.
Der Leuchtturm an sich ist hässlich und eigentlich keiner Betrachtung wert, aber was sich um die Klippen des Atlantiks abspielt ist einmalig. Auf bestimmt einem Kilometer besteht die Möglichkeit die verschiedenen Felsformationen und die darüber aufbrausende Gicht zu betrachten. Ein einmaliges und schönes Naturschauspiel mit saftig, grünem Rasen im Hintergrund der schon etwas an einen Golfplatz erinnert.
Bestimmt eine Stunde verbringen wir hier und haben auch dann noch nicht genug von allem gesehen. Ein guter Platz um mit einem Wohnmobil zu übernachten. Irgendwann ist der Abschied dann doch gekommen. Bei immer noch herrlichen Sonnenschein fahren wir nach Stornoway zurück.
Gegen 15:30 Uhr kommen wir an und begeben uns schnell in die Stadt um nach etwas Essbaren zu suchen. Allerdings ohne Chance. Die Stadt ist wie ausgestorben. Alle, aber auch alle Geschäfte haben geschlossen, auch Eisbuden oder Imbisse. Bis auf zwei.
Einem Inder - bei dem es gestern schon leer war und ein Chinese, wo allerdings nicht zu erkennen war ob er wirklich geöffnet hat. Wir versuchen es trotzdem - und siehe da - er ist offen. Wir bestellen die 50 und 54.
Damit kann die chinesische Bedienung allerdings nichts anfangen, sie benötigt den Namen. Also Ente mit Pilzen und Ente mit Ingwer und Frühlingszwiebeln. Wie einen Schatz tragen wir das Essen in unsere Unterkunft. Stäbchen gab es keine dazu, ...wir sind doch kein Restaurant, dafür je eine Plastikgabel.
Hungrig verzehren wir alles, es schmeckt sogar ganz gut, wenn man mal von dem obligatorischen Glutamat absieht. Wir schauen noch die heute aufgenommenen Bilder und Videos an, lesen ein bisschen und gehen dann erschöpft ins Bett.
Heute war einer der schönsten Tage bisher und morgen müssen wir dafür um 5:00 Uhr aufstehen, denn der Check in bei der Fähre startet bereits 6:15 Uhr. Dann setzen wir wieder aufs Mainland nach Ullapool über und fahren zum nächsten Fährhafen nach Scrabster.
Übrigens hat es in unserem gesamten Schottland Urlaub auf der Insel Lewis bei Wanderungen noch nie geregnet. Da sag noch einer, die haben hier nur schlechtes Wetter.
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