Edinburgh Castle
- Holger Schweitzberger
- 28. März 2019
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. Juli 2023
13. August 6:00 Uhr werde ich wach. Ein Blick aus dem Fenster verspricht Sonnenschein und angenehme Temperaturen. Da Heidi noch schläft, verlasse ich das Hotel, um mir die Gegend einmal ohne Menschenmassen anzuschauen.
Ich begebe mich dabei auch, wir unsere Vorfahren auf die Suche nach Essbaren. Alle Geschäfte öffnen aber erst frühestens sieben Uhr. Pfeil und Bogen habe ich im Zimmer gelassen, viel Wild kann ich allerdings auch nicht ausmachen.
Die Reinigungskolonnen sind wohl gerade mit ihrer Arbeit fertig, es glänzt an allen Ecken und Enden. Die letzten Party Gäste treten derweil ihren Weg nach Hause an, einigen ist anzumerken, dass die aufgehende Sonne im Augenblick für ihren Gesundheitszustand nicht gerade förderlich ist.

Irgendwann ist es 7:00 Uhr. Ich kaufe aus Mangel an Gelegenheit Sandwiches, Croissants, Orangensaft und bei Starbucks Kaffee. Als ich im Hotel ankomme ist Heidi schon geduscht und angezogen. Ich bin verwirrt.
Wir lassen es uns schmecken, sind allerdings viel zu zeitig fertig. Das Edinburgh Castle öffnet erst um 9:00 Uhr und so trödeln wir noch etwas herum und erklimmen gegen 8:40 Uhr den Berg zum Schloss. Hier teilt man uns mit, dass der Einlass erst 9:30 Uhr beginnt. Na toll, auf meinem Ticket steht 9:00 Uhr.
Als Beweis halte ich es Heidi unter die Nase, in der Nacht muss allerdings ein Geist mit Zaubertinte die Uhrzeit geändert haben. Kleinlaut gebe ich meinen Fehler zu und versuche etwas Interessantes für die nächste halbe Stunde zu finden.
Wir suchen und finden es auch - dass in die Pflastersteine eingelassene Zeichen des Hearts of Midlothian, jedem Fußballfan sicher ein Begriff. Es befindet sich direkt vor der St. Giles Kathedrale, in der heute eine Chorprobe stattfindet und dessen Gesang wir in mitten der Kirche genießen.

Das alles hat nun auch die Zeit überbrückt und so sind wir 9:35 Uhr endlich im Edinburgh Castle angelangt. Zum Glück haben wir unsere Tickets schon und müssen uns nicht an der riesigen Schlange am Ticketschalter anstellen. Wir holen uns noch einen Audio Guide und los geht es.
Es wimmelt von Chinesen, die alle mit einem Selfie-Stick ausgerüstet sind und an jeder unmöglichen Stelle stehen bleiben, um sich mit allem was gerade im Weg steht, zu fotografieren. Wir begeben uns schnell zu den schottischen Kronjuwelen. Wir wollen da sein, bevor die asiatischen Busladungen dort einfallen und ein Besichtigen unmöglich machen.
Aber davor brauchen wir keine Angst zu haben, denn der Raum mit den Juwelen ist, na ja sagen wir's mal so, recht klein im Umfang und damit schnell zu durchlaufen. Also kein Vergleich zu den Kronjuwelen in London.
Edinburgh Castle, das Wahrzeichen von Edinburgh, ist auf dem Castle Rock gebaut. Dieser Berg ist 122 Meter hoch, 350 Millionen Jahre alt und vulkanischen Ursprungs. Das gesamte Gelände des Castles ist mit Pflastersteinen ausgelegt, um die Kanonen damals leichter verschieben zu können. Sagt der Audio Guide.
Jeden Tag, außer sonntags wird von hier oben mit der One o'Clock Gun, einer großen, grünen Kanone, ein historisches Zeitsignal abgefeuert. Tja, und wie der Name nicht anderes zu erwarten lässt - immer 13:00 Uhr. Der Ursprung dieser Tradition liegt noch in der Zeit der Seefahrer, als die Segelschiffe eine exakte Zeitvorgabe brauchten, um ihre Chronometer zu justieren.
Von hier oben können wir auf unsere gestrigen Plätze des Tattoos sehen und überprüfen, an welchem Ort der Lonely Piper stand und spielte. Da wir uns uneins sind, fragen wir kurzer Hand eine der vielen fleißigen Castle-Heferinnen, die uns auch den ungefähren Standort sagen kann.
Wir durchforsten die restlichen Sehenswürdigkeiten, wie das Gefängnis oder den Geburtsraum des Königs, ehe wir nach zwei Stunden den Rückzug antreten. Die Royal Mile ist, ob des bis Ende August dauernden Edinburgh Festivals, wieder rappelvoll. Es macht keinen Spaß sich durch dieses Gewimmel zu drängeln.
Heute früh konnten wir schon zwei Künstler beobachten, wie sie einige Graffitis an die Eingangsbarrieren sprayten. Das hat nun zur Folge, dass diese Ein- bzw. Ausgänge gesperrt sind, bis der ganze Mist getrocknet ist.
Wir wollen eigentlich nach New Town, um uns dort etwas umzuschauen, kommen aber nur bis Waverley und dem Walter Scott Monument. Ein prachtvoller Bau zu Ehren dieses schotten Dichters, der von Weitem wie eine Kathedrale erscheint.

Weiter kommen wir nicht, da uns das innerstädtische Bussystem vor ungelöste Rätsel stellt - eine U-Bahn gibt es leider nicht. Wir setzen uns also notgedrungen in einen Pub in dem gerade Live Musik gespielt wird, trinken ein Ale und drängeln uns anschließend wieder zum Hotel.
Unsere Rücken benötigen einer ausgiebigen Ruhepause und unser Magen befiehlt, die restlichen Sandwiches von heute Morgen zu verspeisen. Nach dieser Ruhepause müssen wir unbedingt Deep Fried Mars, frittierte Marsriegel probieren. Die gibt’s im Clam Shell, einem Imbiss um die Ecke.


Zusätzlich bestellen wir noch Black Pudding (Blutwurst) in Form einer Mohnstange. Der Black Pudding schmeckt sehr gut, der Marsriegel reißt uns aber nicht vom Hocker.
Nach der gestrigen Erfahrung mit freien Plätzen in Pubs und so, suchen wir jetzt schon eine geeignete Stelle für unser Abendessen. Die Wahl trifft auf das N°1 High Street auf der Royal Mile. Ein gemütlicher Pub mit Couches, Sesseln und sehr freundlicher Bedienung.
Wir ordern als Vorspeise Haggis und Ziegenkäse und danach noch eine 2-er Portion Nachos mit Käse und Jalapeños. Es ist unser erster Versuch, um festzustellen was es mit diesem Haggis auf sich hat. Er schmeckt sehr gut und wird als ein Turm mit Kartoffel- und Blumenkohlbrei serviert. Dazu gibt’s Whiskysauce. Wir sind angenehm überrascht.


Am Nachbartisch sitzen zwei ältere schottische Ehepaare. Eine Frau hat ihrem Mann so viel Alkohol spendiert, dass er sich überreden lässt ihr einen Ring zu kaufen. Die andere Frau ist neidisch und schielt nach ihrem Mann. Der ahnt wohl schon so etwas und dreht sich von ihr weg und tut so, als ob er etwas ganz Wichtiges sucht.
Die glückliche Frau gibt indes weiter an, auch Heidi hat mittlerweile bemerkt, dass sie eigentlich gar nicht so viel Schmuck dabei hat. Die Ringfrau steht inzwischen vor dem Pub und telefoniert alle noch vorhandenen Freundinnen ab, um ihnen von ihrem Coup zu erzählen.
Da kann sich ihr Mann demnächst von den anderen Männern sicher eine Standpauke anhören.
20:00 Uhr begeben wir uns wieder ins Hotel, überall hört man Dudelsackgetröte, es ist noch angenehm warm und wir versorgen uns im Supermarkt schon mit dem Frühstück für morgen.
Denn dann beginnt der Ernst des Urlaubs, die erste Bewährungsprobe mit dem Fahren auf der falschen Seite. Bis dahin ist aber noch etwas Zeit, wir duschen, lesen etwas und schlafen danach ein.
Übrigens hat es in unserem gesamten Schottland Urlaub immer noch nicht geregnet. Da sag noch einer, die haben hier nur schlechtes Wetter.
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