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Edinburgh - Royal Military Tattoo

Aktualisiert: 12. Juli 2023


 

12. August 5:00 Uhr die Mitteilung im Radio: Ab heute 6:00 streikt die Lufthansa in Berlin. Als ob ich es geahnt hätte. Damit schaffen wir nicht den Anschlussflug nach Edinburgh. Nun ist guter Rat teuer. Ich schaue im Internet auf der easyjet-Webseite und ergattere noch zwei Tickets, allerdings für morgen. Damit fällt unser Edinburgh Tattoo ins Wasser.


Schweißgebadet wache ich ein paar Minuten später auf, Heidi macht das Bad frei und um 5:30 Uhr sind wir bei Tobi. Wir stellen das Auto bei ihm ab und 45 Minuten später sind wir in Tegel Terminal A.


Zum Glück fliegen wir nicht mit Air Berlin, denn da war noch im April das reinste Chaos beim Check in. Alle Gates sind schön leer, nur eins nicht - unseres, Gate 9. Eine Schlange von mindestens 50 Metern, und noch ist kein Counter geöffnet. Das geht ja gut los.


Eine Lufthanse Bedienstete startet schon mal alle Computer und flucht laut und deutlich, dass alles nicht funktioniert und sie nicht weiß was sie noch alles machen soll. Die Arme.


Ich entdecke den kleinen Baggage Drop off-Hinweis vor einem Counter. Dort steht auch nur eine Person an - jetzt drei, mit uns. Ruckzuck sind wir eingecheckt, während die anderen Counter noch nicht besetzt sind. Jetzt noch der Security Check und schon - muss Heidi zur Sprengstoffüberprüfung.


Es hat gepiept. Nach zehn Minuten ist Heidi gefilzt und für ungefährlich eingestuft. Wahrscheinlich hat sie gleich die Chance genutzt und unnützes Zeug entsorgt, so dass sie sich gleich etwas Neues in Schottland kaufen muss.

Wir starten pünktlich und nach einem Kaffee (gut) und einem Coreoriegel (auch gut) landen wir nach 45 Minuten in Frankfurt. Nach einem Fußmarsch von gefühlten zehn Kilometern kommen wir am Gate B30 an. Das Passieren der Sicherheitsschleuse geht schnell und unkompliziert von statten.


Das hat den Nachteil, dass wir nun noch 90 Minuten mit Nichtstun verbringen müssen. Eigentlich wollte ich ja das erste Urlaubsbier trinken, aber Heidi erinnert mich daran, dass ich heute noch nichts gegessen habe. Na ja, der Preis fürs Bier war mir sowieso zu hoch.


Der Kurs des englischen Pfundes ist wieder gefallen. 1 Pfund sind im Moment €1,10. Wunderbar, das darf ich nur Heidi nicht sagen, denn das ist ein todsicheres Argument um noch ganz wichtige Sachen zu kaufen. Ich erwähne es trotzdem und hoffe, damit keinen gravierenden Fehler gemacht zu haben.


Ich nutze die Gunst der freien Zeit und starte wieder meine Zeitumstellorgie an meiner Funkuhr. Jedes Mal schwöre ich, mir in Berlin sofort eine neue zu kaufen. Auch diesmal wieder bin ich nah am Herzinfarkt und sehe die Uhr schon gedanklich an der mir gegenüber stehenden Wand herunterrutschen.


Irgendwann wird die richtige Uhrzeit angezeigt, allerdings bin ich in einer ganz anderen Zeitzone als gewünscht. Das ist mir jetzt allerdings ziemlich egal. Der Flug ist mit einer Stunde und vierzig Minuten avisiert, wir stehen allerdings eine halbe Stunde in der Warteschlange, ehe wir starten können.


Der Flieger ist ausgebucht, es gibt Sandwiches mit Käse oder Pastrami. Bei der Lufthansa sind auch noch alkoholische Getränke gratis, wir wählen allerdings Kaffee, denn wir wollen am Abend noch das Tattoo erleben. Durch die Verzögerung beim Start in Frankfurt kommen wir 15 Minuten später in Edinburgh an.

 

Uns erwartet besseres Wetter als in Berlin, es sind 19°C. Wir erhalten als eine der ersten Passagiere unsere Koffer und sitzen zehn Minuten später im Airlink Bus zur Edinburgh Waverley Station.

Der Preis beträgt pro Person 7,50 Pfund für das Return-Ticket. Wir sitzen im Doppelstockbus - wie Touris halt ganz vorn - und können so die ganze Fahrt bequem verfolgen. In allen öffentlichen Nahverkehrsmitteln Edinburghs - Tram und Bus - gibt es freies WLAN. So ist man in der ganzen Stadt online und kann immer schnell verfolgen, wo man sich gerade befindet.


30 Minuten später kommen wir an der Endstation, Waverley Station an. Von hier sind es noch 300 Meter bergauf bis zu unserem Hotel Ibis Royal Mile. Eingecheckt wird ganz digital-like über ein Smartphone. Alles geht superschnell und wir können unser Zimmer beziehen.

 

Nach einer kurzen Erfrischung ruft unser Körper nun nach Fish&Chips und Bier. Wir laufen zur Royal Mile - dem Kudamm von Edinburgh (nur älter) - werden aber immer wieder von den entgegen kommenden Menschenmassen aufgehalten.


Ganz Großbritannien muss heute Nachmittag in der Hauptstadt Schottlands sein. 50% davon verteilen kleine Flyer. Da man natürlich spätestens nach dem dritten Delinquenten gegen diese Art der aggressiven Werbung abgestumpft ist, lassen sich viele die unmöglichsten Sachen einfallen um ihre Reklameblättchen an den Mann/Frau/Tourist zu bringen.


Viele haben sich die blödesten Verkleidungen angelegt, einige versuchen zu singen oder akrobatische Kunststücke vorzuführen. Ein Einziger hat mich überzeugt. Er lag im Robin Hood Kostüm auf dem Rücken und hielt den Arm samt seiner Hand hoch, aus der sich willige Passanten einen Zettel entnehmen konnten.

Die Altstadt besteht aus vielen alten Gebäuden (Altstadt eben) und Gassen. Man kann die Geschichte förmlich riechen. Es entsteht der Eindruck von einem riesigen Burggelände. Und über allem thront das majestätische Edinburgh Castle.


Wir wandern weiter zum Grassmarket und kommen im Maggie Dickons zum wohlverdienten Mahl nebst Getränken. Die Sonne knallt im Moment unbarmherzig auf uns hernieder, am Horizont machen sich allerdings die ersten Regenwolken breit.


Gesättigt und müde machen wir uns auf den Rückweg, um im Hotel eine längere Siesta abzuhalten. Da das ibis auch über eine eigene Bar verfügt, nehmen wir uns noch zwei Kaltgetränke mit aufs Zimmer und schließen uns ein.

20:00 Uhr machen wir uns ausgeruht und frisch geduscht auf den Weg zum Edinburgh Royal Military Tattoo. Aus unserem Hotel ist kaum herauszukommen, da genau auf dem Vorplatz Artisten, Musiker oder Clowns ihre Vorstellungen geben und sich somit, immer proportional zur Qualität des Einzelnen, eine schaulustige Menschenansammlung bildet.


Meist sind die Darbietungen exzellent. Wir kämpfen uns wieder durch die High Street bzw. Royal Mile. Erschwerend kommt hinzu, dass es keine Regel gibt, auf welcher Seite sich der geneigte Fußgänger fortbewegen soll, um ein einigermaßen unfallfreies Miteinander zu ermöglichen. Also, meine Theorie ist, dass es folgende Regel gibt:

Der angelsächsische Erdenbürger läuft rechts, da sich in seiner Stadt so viele Touristen vom europäischen Festland befinden und seine Höflichkeit es ihm gebietet, es ihnen so leicht und angenehm wie möglich zu machen. Aber es gibt hier natürlich auch Ausnahmen.
Der restliche Teil, der läuft auf der linken Seite, da er in der Stadt zu Besuch ist und sein Touristenführer ihm das suggeriert hat. Aber es gibt hier natürlich auch Ausnahmen.
Dann gibt es noch die Mittelläufer, meist Frauen, da sie von dieser Position aus schnell zum Schaufenster ihrer Begierde kommen, egal ob auf der rechten oder linken Seite.
Zum Schluss kommen noch die Wechsler, die immer strukturiert hin und her rennen, um ja kein Schaufenster auszulassen (meist Frauen) und diejenigen die unstrukturiert hin und her rennen (meist die Ehemänner der strukturierten Frauen).

Zum Edinburgh Castle wird jetzt niemand mehr durchgelassen. Die 19:00 Uhr- Vorstellung hat schon begonnen, nur wenn man eine Eintrittskarte mit einem dazugehörigen Essen vorweisen kann, wird Einlass gegeben.


Wir marschieren wieder zum Grassmarket um etwas zu trinken. Allerdings sind alle Pubs rammelvoll. Nicht mal mehr ein Stehplatz ist zu ergattern, falls doch, ist der Weg zum Tresen undurchdringlich.


Schließlich finden wir im Fiddlers Arm noch ein Plätzchen und vertreiben uns die Minuten bis zum Einlass der Veranstaltung. 21:45 Uhr soll damit begonnen werden. Uns erwartet schon eine riesige, gleichgesinnte Menschenmasse bewaffnet mit Fotoausrüstungen, Decken und teilweise kleinen Kindern.


Es wird erstaunlich viel Schwyzerdütsch gesprochen, jedenfalls in unserer unmittelbaren Umgebung. 22:00 Uhr öffnen dann endlich die Tore und nach einem gefühlten Weg von einem Kilometer erreichen wir unseren Sitzplatz.


Wir haben das Schloss genau frontal vor uns, das Vorprogramm läuft bereits. Es werden dabei Honorationen aus Edinburgh und einige Clanchefs vorgestellt.


22:40 Uhr, zehn Minuten verspätet, beginnt das Spektakel, das dieses Jahr unter dem Motto Splash of Tartan läuft. Es wird traditionsgemäß von den Massed Pipes and Drums - einer Zusammensetzung aus vielen Pipe and Drum Bands (oder wie man die nennt) begonnen. Es folgen Bands aus Indien, den USA, England, Frankreich und immer wieder sind Tanz- oder Gesangseinlagen zu hören.

Während der gesamten Veranstaltung wird das Schloss und die Tanz/Spielfläche mit den tollsten Motiven illuminiert und ab und zu mit einem Feuerwerk versehen.


Zum Abschluss wird die Nationalhymne gespielt. Danach folgt Auld Lang Syne - hier singt jeder mit und fasst dabei die Hände des Sitznachbarn an, Gänsehautathmosphäre.


Diese kommt auch auf, als der The Lonely Piper oben auf dem Schloss seinem Dudelsack, scheinwerferbeleuchtet - die herzzerreißendsten Töne entlockt.


Mit Scotland, The Brave ist dann endgültig Schluss, alle Beteiligten des Spektakels verlassen unter Beifall den Innenraum, den jetzt die Besucher in ihren Besitz übernehmen, um schnell vom Gelände verschwinden zu können.


1:00 Uhr sind wir wieder im Hotel. Ich überspiele noch die Fotos und begebe mich dann in den Schlaf des Gerechten.

 

Übrigens hat es in unserem gesamten Schottland Urlaub bisher nicht geregnet. Da sag noch einer, die haben hier nur schlechtes Wetter.

 

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