top of page

Imamzadeh Helal Ali - Agha Bozorg Mosque - Boroujerdi - Sultan Amir Bath

Aktualisiert: 11. Juli 2023


 

29. März Kurz nach halb sechs weckt mich der ortsansässige Iman mit seinem traurig-schönen Gesang der die Gläubigen daran erinnert, dass die Zeit zum Beten gekommen ist. Übrigens beten die Schiiten bedeutend weniger, als es andere Moslems tun. In der Regel gehen sie dabei in schiitischen Moscheen.


Das Gebetsritual unterscheidet sich darin, dass Gläubigen beim rituellen Gebet, auf ein Lehmtäfelchen, das aus dem Lehm der Stadt Kerbela - dem Ort des Todes von al-Husains - hergestellt ist, niederfallen. Diese Täfelchen stehen den Gläubigen vor jeder Moschee frei zur Verfügung.


Bevor morgen früh die Weiterreise nach Esfahan ansteht, haben wir heute noch den gesamten Tag zur Verfügung, die restlichen Sehenswürdigkeiten in und um Kashan zu besichtigen. Zum Auftakt steht der Heilige Schrein des Imamzadeh Helal Ali in Aran auf dem Programm.


Aran befindet sich einige Kilometer von Kashan entfernt, weshalb wir für den Besuch den Tagesbeginn wählen. Anschließend geht es wieder nach Kashan zurück. In dessen historischem Zentrum haben wir bisher das Ameriha House, das Sultan Amir Bath House und die Agha Bozorg Mosque vernachlässigt, dass soll sich später ändern.


Nach dem Frühstück bestellen wir ein Taxi und unterhalten uns bis zu dessen Eintreffen mit dem Hotelpersonal. Sie sagen, das die westeuropäische Besuche im Iran seit vorletztem Jahr rückläufig sind und dass die Sanktionen der USA und EU in ihrem täglichen Leben sehr zu spüren sind.


Die Inflation und die Arbeitslosenrate, besonders bei Frauen steigt rapide. Sie wünschen sich, das alle Besucher Irans der restlichen Welt erzählen, dass der Iran kein Monsterland und deren Einwohner auch nur in Frieden leben wollen. Einzig die Regierung ist da wohl anderer Meinung und deshalb sehr unbeliebt.


Heute sehen wir übrigens die ersten Deutschen während unserer Reise. Sie checken gerade aus und wollen nach Esfahan weiter reisen.


Wir benötigen ca. 15 Minuten mit dem Taxi, dann sind wir in Aran am Imamzadeh Helal Ali angekommen. Als der Fahrer hört, dass wir aus Deutschland sind, fallen ihm zwei Namen ein: Angela Merkel und Jurgen Klinsmann. Letzterer ist hier fast ein Volksheld, so oft habe ich seinen Namen schon gehört.

Aber auch Angela Merkel ist sehr angesehen, viele loben sie wegen ihrer Asylpolitik, vor allen Dingen, weil Deutschland dadurch so vielen Kriegsflüchtlingen Asyl gewährte. Ich finde, darauf kann man auch ein bisschen stolz sein.


Schon von Weitem sieht man die glanzvolle Schönheit des Schreins, die im Inneren aber erst zur kompletten Entfaltung kommt. Heidi hängt sich einen geblümten Tschador, der auch hier kostenlos zur Verfügung gestellt wird, über und schon dürfen wir das Zentrumdes riesigen Komplexes betreten.


Der Eintritt ist kostenlos und heute zudem sehr leer. Zwei große Iwane begrenzen den Eingang zur Moschee, in die Männer und Frauen in unterschiedlichen Räumen zum Beten gehen. Außerhalb des Schreins befindet sich großer Friedhof, die Grabsteine sind wie überall in den Boden gelassen, so dass jeder über die Gräber gehen muss. Blumen, wie bei uns üblich, haben wir nicht gesehen.

Viele Angehörige kommen aber mit Teppichen, die sie vor dem Grab ausbreiten, um zu beten oder zu gedenken. Auch hier sind alle Menschen sehr freundlich, eine ältere Frau kommt auf uns zu und schenkt uns Bonbons - wir sollen jeder unbedingt mehr als nur ein Stück nehmen.

Nach einer dreiviertel Stunde fahren wir mit einem Taxi wieder zurück nach Kashan. Wir steigen am Basar auf, leider haben heute fast alle Geschäfte geschlossen - es ist der muslimische Sonntag. Trotzdem hat einiges geöffnet und in einer Bäckerei erstehen wir köstliches Baklava mit Honig, Pistazien und Kardamon. Wir müssen gleich ein Stück kosten, den Rest nehmen wir mit ins Hotel. Ob es solange hält?


Eigentlich will ich mir im Basar eine Miniaturteekanne kaufen, aber leider hat dieser Stand geschlossen. Nur die Verkäufer von Samowaren, Kupfergeschirr, Schuhen und Bekleidung haben geöffnet.


Der Basar wirkt wie ausgestorben, zum Glück waren wir schon hier und finden so aus dem Labyrinth heraus. Vorher werden wir noch von einem Mann angesprochen, der unbedingt will, dass wir ein Geschäft in einer kleinen Seitengasse besuchen. Unbedingt, unbedingt.


Da wir nun langsam glauben, dass uns hier niemand Böses will. folgen wir der Empfehlung. Es ist ein Gewürzhandel und in der Mitte des Raumes steht eine große, alte Steinmühle mit der gerade Kurkuma gemahlen wird. Der Mühlstein wird elektrisch angetrieben und ein Arbeiter steht mit einer Schaufel daneben und rührt das Pulver immer wieder um. Die Gerüche die hier entstehen sind einmalig.

Wir spazieren weiter in den historischen Altstadtkern von Kashan. Zum Glück funktioniert Google Maps, ansonsten wären wir hier hoffnungslos verloren. Wir finden nur ganz selten Hinweisschilder, die wir auch entziffern können, aber diese sind, wie gesagt, sehr rar gesät. Aber wie ist das mit dem steten Tropfen und dem Stein?


Irgendwann stehen wir vor der Agha Bozorg Mosque. Wieder das gleiche Ritual für Heidi - Tschador übergeworfen, dann können wir hinein. Hier empfängt uns ein Geistlicher und erklärt uns die Symbolik der Eingangstür und der kunstvollen Mosaike auf dem Boden.

Jeder der hier anwesenden Mullahs, bedient einen eigenen Bereich den erklärt - wenn man das möchte. Sie sprechen perfektes Englisch und erwähnen auch mehrmals, dass sich freuen, dass wir Gast in ihrem Land sind. An dieser Stelle teile ich jetzt mit, dass ich nicht mehr aufzähle, wann und wie oft wir angesprochen oder gegrüßt werden. Ich kann mir das, ob der Häufigkeit einfach nicht mehr merken. Nur bei ausgefallen Gesprächen werde ich darüber berichten.


Die Moschee ist wunderschön, die Sonne scheint genau in den Hof, der hellblaue Himmel rundet alles ab. Heute sind für Kashan 20°C prognostiziert, in der Sonne sind es bestimmt


25°C. Ich schwitze. Nach dem Moscheebesuch und dem anstrengenden Fußmarsch machen wir im altbekannten Abasi Teehaus Rast und genehmigen uns einen Kardamontee.


Unsere Füße freuen sich, den Schuhen zu entkommen zu sein, wie immer lässt es sich auf dem Diwan herrlich entspannen und räkeln. Viele Iraner trinken ihren Tee, indem sie ein Stück Würfelzucker in den Mund nehmen und danach den Tee dadurch schlürfen.


Bei meinem Versuch Gleiches zu tun, läuft der Tee allerdings nicht nur in den Mund.

Auf dem Programm stehen jetzt noch das Boroujerdi House und das Sultan Amir Bath.


Da ich nun schon langsam die iranischen Zahlen beherrsche, löse ich unsere Tickets am persischen Automaten und bezahle darüber mit unserer Debit Card. Siehe da, der Preis für Touristen ist 800% höher, als der für Einheimische. Es sei gesagt, dass der Touristenpreis immer noch spottbillig ist, aber immerhin.


Beim Einlass fällt Heidi natürlich als Nicht-Iranerin auf, so dass wir unser bereits am Automat gezahltes Geld zurück bekommen und neue Tickets ordern müssen.


Das Boroujerdi House hat das bisher schönste Hauptgebäude, von allen durch uns besuchten Häuser, als Gesamtpaket gefällt uns aber das Tabatabai Haus besser.

Wir besuchen anschließend den Hammam im Sultan Amir Bathhouse. Wunderschöne, blaue Mosaike verzieren die Wände der einzelnen Räumen, wir können uns vorstellen wie hier früher gebadet und massiert wurde. Der Höhepunkt ist das Betreten des Daches.

Wie gestern schon im Basar, sind auch hier die vielen halbkugelförmigen Lehmdächer zu bestaunen, die sich in der gesamten Altstadt befinden. Allerdings war der Ausblick vom Basar noch gigantischer.


Besonders gefallen uns, die sich im Hintergrund befindenden schneebedeckten Berge. Die goldenen Kuppeln der Moscheen, die strahlende Sonne und das Weiß des Schnees glitzern so stark, das wir geblendet werden.


Auf der Kuppel findet eine regelrechte Foto- und Selfieorgie statt. Damit stehen die Iraner den Japaner in nichts nach und alle Familien haben sichtlich Spaß dabei.


Auf dem Rückweg zum Hotel kommen wir an einem Stand vorbei, den Heidi die ganzen Tage schon im Auge hat. Wir kaufen ein weiteres Souvenir - einen Fensterrahmen, wie er hier überall zu finden ist, mit einem integrierten Spiegel und Jalousien - und für Heidi ein Tuch.


Während wir so stehen und einpacken, fragt uns ein Mann woher wir kommen. "Allemania", erwidern wir - sofort zitiert er seinen etwa dreizehnjährigen Sohn heran. Er kann ein paar Sätze deutsch und muss nun mit uns sprechen.


Sofort bildet sich eine riesige Menschentraube um uns herum, die den armen Kerl sofort kluge Ratschläge geben, wenn ihm etwas nicht einfällt oder er es nicht versteht.


Aber wir können die gängigsten Floskeln gut mit ihm austauschen und sein Vater steht mit stolz geschwellter Brust daneben. Nun mischen sich auch noch alle englisch sprechenden Iraner ein und wollen alle möglichen Dinge von uns wissen.


Erst als ihr Wissensdurst gestillt ist, werden wir entlassen und dürfen weitergehen. Eigentlich wollen wir noch das Ameriah House besuchen, doch das ist im Moment geschlossen. Dann eben heute Abend.


Im Vorraum des Hauses sitzt eine Frau auf dem Boden und knüpft einen Teppich. Als Heidi zuguckt, wird sie aufgefordert es selbst zu probieren. Nun stehen uns wohl einige Prozente des Verkaufspreises zu.

In unserem Hotel verziehen wir uns danach zur wohlverdienten Siesta ins Haus zurück. Dort ist es schön kühl.


Gegen 18:00 Uhr machen wir uns ein letztes Mal auf den Weg in die Altstadt. Das Ameriah House öffnet seine Pforten für hungrige Restaurantbesucher allerdings erst ab 19:00 Uhr, also spazieren wir noch ein bisschen durch den allabendlichen Trubel. Vorbei an den unzähligen Ständen mit Rosenwasser, -cremes und -ölen entschließen wir uns spontan, den Abend doch bei unserem Stammiraner ausklingen zu lassen.


Wir werden schon erkannt, der Kellner, den Jule so treffend "Schönling" taufte, fragt mit einem Lächeln im Gesicht, ob wir wieder die Deutschlandfahne haben wollen? Danach müssen wir beide lachen.


Heidi isst vegetarisch - nein, kein Lamm - und ich Meatballs. Dazu gibt es frisches Brot, Oliven und Dough. Eine Million ärmer verlassen wir ein letztes Mal das Abasi und gönnen uns noch ein Faludeh. Das schmeckt allerdings nicht so gut, wie unser erstes Zusammentreffen mit seiner Art. Irgendwie ist zu wenig Rosenwasser und Zitrone darin.


Einen hab ich aber noch! Gerade als wir die Hauptstraße zu unserer engen Gasse Richtung Hotel verlassen wollen, werden wir von einer iranischen Familie angehalten.


"Ah, Allmania!", schallt es uns entgegen und schon wird das Smartphone gezückt, Heidi das etwa 6 Monate alte Kleinkind in den Arm gedrückt, mit dem Kind noch Faxen gemacht, damit es lacht und fotografiert.

Alle lachen und freuen sich und erklären, dass der Junge nur ein Teil der Zwillinge ist, das andere schläft im Auto. Zur Strafe fotografiere ich Heidi auch noch einmal mit ihrem neuen Freund und dann verschwinden wir in die Dunkelheit der Lehmgassen.


Im Hotel bezahlen wir schon unsere Rechnung und erhalten die Pässe wieder. Morgen früh fahren wir bereits 5:30 Uhr weiter. Auf dem Programm steht die Fahrt nach Esfahan, inklusive des Sonnenaufgangs in der Wüste und einem Abstecher nach Abyaneh, einem kleine Dorf in der Provinz Esfahan.


Es gehört zu den ältesten Dörfern des Landes und die Häuser sind alle in rot gehalten. Aber dazu morgen mehr.


Kashan hat uns sehr gut gefallen, drei Tage sind genau die richtige Zeit, um alle Sehenswürdigkeiten in Ruhe zu besuchen und dabei die Zeit zu haben, das Leben bei einer Tasse Tee an sich vorbei ziehen zu lassen.

 

Comments

Rated 0 out of 5 stars.
No ratings yet

Add a rating
bottom of page