Novara – Asti – Barolo – San Stefano al Mare
- Holger Schweitzberger
- 28. März 2019
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Juli 2023
20. Juni In zehn Minuten schaffen wir es aus Novara. Jetzt geht es auf der SS36 Richtung Turin. Langsam habe ich die italienische Autofahrermentalität verstanden:
An einer Auffahrt zur Landstraße/Autobahn wartet man solange bis ein Auto kommt. Kurz bevor dieses Auto vorbei fährt, reiht man sich ganz langsam in die Straße ein und erhöht das eigene Tempo nur unmerklich. Als Krönung fährt man die nächste Abfahrt wieder ab, allerdings ohne, dass die Tachonadel an den Rand der 50 kommt.
Anhalten auf der Autobahn/Landstraße oder eigentlich überall wie folgt, in genau dieser Reihenfolge:
Solange fahren bis eine echt unübersichtliche Stelle kommt.
Anhalten, je mehr mittig, desto besser.
Tür öffnen – offen gehalten lassen.
Aussteigen.
Einsteigen – Warnblinker anmachen.
Aussteigen.
Einsteigen – Zigaretten raus holen.
Aussteigen.
Einsteigen – Feuer holen.
Aussteigen.
Neben die immer noch offene Tür stellen.
Zigarette anzünden.
Tür schließen (optional).
Hilfe holen (optional).
Beim Fahren auf Serpentinen sind folgende Regeln zu beachten:
Jedes Fahrzeug hat eine Spur.
Die eigene Spur ist dabei immer etwas breiter (ungefähr zusätzlich die Hälfte der anderen Spur).
Das entgegenkommende Fahrzeug, ist verpflichtet ganz rechts zu fahren oder im Notfall anzuhalten.
Fährt das entgegenkommende Auto in der Mitte seiner Spur, so muss unvermittelt gehupt und wild gestikuliert werden.
Der Italiener ist der beste Autofahrer der Welt.
Wenn man das alles beherzigt und weiß, steht einer gemütlichen Autotour nichts mehr im Weg. Die Hupe wird hier im Norden seltsamerweise fast überhaupt nicht verwendet. Vielleicht haben die meisten Autos ja gar keine? Aber ich schweife ab.
Wir fahren wieder über Serpentinen, an Asti (die Stadt mit dem Spumante), Alba und Turin vorbei. In Barolo, der Stadt des berühmten Weins, machen wir einen Stopp und schauen uns – wer hätte das gedacht – das Weinmuseum an.
Der Wein wird übrigens Barollo ausgesprochen. Damit werden wir bei unserem nächsten Sommelier glänzen. Und wenn der das nicht weiß, wird er gnadenlos geächtet.
Volltrunken fahren wir nach der Weinverkostung weiter Richtung Mittelmeer. Ein unachtsamer Augenblick führt uns auf eine Mautstraße. 2,10 € kostet uns das Vergnügen. Na ja, wir rauchen ja nicht.
Durch unzählige Tunnel fahren wir unter den Bergen hindurch. Wir haben ausgerechnet das alle Tunnel an einander gereiht ungefähr die Länge von 26 km ergeben. Das ist schon eine technische Meisterleistung.
Die größten Tunnel haben eine Länge von ca. 2000 Metern. Die Temperatur steigt allmählich. Und endlich sehen wir auch das Meer. Die Gegend wird von Kilometer zu Kilometer mediterraner. Das Hotel finden wir schnell. Es ist eine Art modernes Motel.
Das Auto steht vor dem Zimmer. Alles ebenerdig. Es wäre ja sonst auch ganz schön mühsam das Auto immer mit hoch zu schleppen. Auspacken und dann gehen wir etwas trinken.
San Stefano liegt direkt am Meer. Überall duftet es nach Jasmin und anderen Heckenpflanzen. Es herrscht klare Sicht und man hat dadurch einen herrlichen Blick.
Wir finden ein schönes Bistro, lassen uns nieder und genießen die 26° C. Auf dem Rückweg schlendern wir noch durch die engen Gassen. Hier ist es angenehm kühl und noch besser - die Geschäfte sind alle geschlossen. So ein Pech. Gern hätte ich Heidi eine Tasche oder Ähnliches gekauft.
Wieder im Hotel will ich schnell die Bilder auf den Rechner bringen. Ich habe allerdings das entsprechende Kabel vergessen. Das muss ich noch Heidi in die Schuhe schieben. Jetzt ärgere ich mich, dass die Läden geschlossen sind. Also machen wir erst einmal Mittagsschlaf. Und noch während des Mittagsschlafs fällt mir ein, dass ich ja noch ein USB-Mini-Kabel im Auto habe. Gleich geguckt, geholt und angeschlossen. Alles funktioniert. Da kommt Heidi ja noch einmal mit einem blauen Auge davon. Ich freue mich, dass die Geschäftsinhaber an ihrer alten Sitte der Siesta festhielten.
Abends gehen wir wieder in die Altstadt, na ja, was man so Stadt nennt, Altdorf ist vielleicht besser. Leider haben viele Restaurants noch geschlossen. Es ist noch keine Saison. Die beginnt erst, wenn die weißen Teutonen und rothaarigen Angelsachsen in den Schulferien einfallen.
Die Lokale, die geöffnet haben, sind zwar alle leer, wollen einem aber immer den schlechtesten Platz andrehen. Nicht mit uns. Lieber verhungern wir. Aber endlich, nach langem Suchen finden wir endlich eine Pizzeria.
An der sind wir zwar schon ein paar Mal vorbei gegangen, weil sie uns nicht gefiel, aber uns kennt ja keiner und man ist nicht wählerisch. Gibt es hier eigentlich keinen Griechen?
Mit Rotwein, Wasser und Pizza locken wir zwar alle Fliegen in der Umgebung an, stimmen aber auch den Gott des Hungers milde. Ein abschließendes Gelato an der Strandpromenade läutet den Heimweg ein. 22:15 Uhr und 23° C.
Und ich habe zerstochene Beine.
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