Sunrise Maranjab Desert - Abyaneh - Naqsch-e Dschahan
- Holger Schweitzberger
- 22. Apr. 2019
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. Juli 2023
30. März Die Nacht endet heute schon früh - 4:30 Uhr stehen wir auf, duschen und packen noch die restlichen Sachen zusammen. Die schöne Zeit in Kashan ist vorbei, heute geht es nach Isfahan.
Pünktlich 5:30 Uhr treffen wir uns mit Mohammed (Guide, aus Esfahan) und Hassan (Fahrer, aus Kashan). Hassan wird uns bei der morgendlichen Wüstentour mit seinem Allrad-SUV begleiten.
Die Koffer packen wir derweil in Mohammeds Kofferraum. Mit seinem Auto geht es später Richtung Esfahan weiter. Es ist noch dunkel als wir losfahren.
Die Maranjab Wüste ist ungefähr 60 Kilometer von Kashan entfernt. Die Straßen sind um diese Zeit noch schön leer und so donnern wir mit fast 100 km/h nach Aran. Ab dort beginnt dann schon der unbefestigte Weg Richtung Wüste.

Außer, das Hassan etwas Luft aus den Reifen lässt, ändert sich allerdings nicht viel, wir brausen weiter in schnellstmöglicher Geschwindigkeit dem Sonnenaufgang entgegen.
Das Lustige daran ist, dass wir heute zum ersten Mal Verkehrsschilder sehen (außer einigen paar Stopp-Schildern). Hier stehen sie aber in der Wüste, die meisten zeigen Überholverbot an. Als ob das irgend jemand hier interessieren würde.
Gegen 7:00 Uhr soll der Sonnenaufgang beginnen. Am Horizont sehe ich schon einen roten Streifen - wenn wir da mal nicht zu spät kommen. Durch die Maranjab Wüste führte früher die Seidenstraße und aus diesem Grund gibt es auch einige Karawansereien.
In der Nähe von einer halten wir dann auch an. Noch ist von Sonne nichts zu sehen, dafür aber leider von aufziehenden Wolken. Hassan und Mohammed sammeln in des Holz und machen ein Feuer. Dazu wird einfach Benzin abgezapft, aus Holz gegossen und angezündet. "Petrol is cheap", meint Mohammed lachend. Das stimmt, der Preis für einen Liter Benzin beträgt 7 Cent.
Aus dem Kofferraum werden verschiedene Metalltöpfe geholt und an das Feuer gesellt. "Breakfast and Tea", lacht Hassan uns entgegen. Die Sonne geht mittlerweile auf, es sind zwar ein paar Wolken zu sehen, aber dadurch wird die Szenerie eigentlich noch schöner. Durch die Wolken entstehen schöne Strahlen, die im Kreis auf die Wüste scheinen. Wunderschön. Und windig. Es pfeift ganz schön.
Wie bei den Iranern üblich, setzen wir und auf einen großen Teppich hinter das Auto. Da ist es schön windstill und das Feuer wärmt zusätzlich. Wir trinken Tee und essen selbstgemachte, dicke Linsensuppe mit Kartoffeln und natürlich Brot. Das darf nie fehlen. Die warme Suppe ist genau das Richtige für diesen Zeitpunkt.
Zusätzlich kommt hinzu, das sie ausgezeichnet schmeckt. Macht das Feuer den Eindruck auszugehen, spritzt Hassan sofort wieder Benzin hinein - "Petrol is cheap".
Mittlerweile ist es hell und wir machen noch einen Abstecher zu der alten Karawanserei. Die ist aber geschlossen und Eintritt hätten wir obendrein noch bezahlen müssen und so fragt Mohammed, ob wir noch schnell zum Salzsee wollen.
Durch den letzten Regen ist er ziemlich voll, im Sommer kann man zu den gegenüberliegenden Inseln laufen. Das Wasser ist sehr salzig, Heidi lässt sich allerdings nicht dazu überreden, ihre Füße ins Wasser zu halten. Die alte Memme. Auf dem Rückweg kommt uns noch eine ganze Kamelhorde mit Jungen entgegen.





Wir fahren spontan zu ihnen und halten an. Hassan weiß wie man die Trampeltiere anlockt - nämlich mit iranischem Brot und undefinierten Lauten. Tatsächlich kommt auch ein Kamel zu uns und frisst ihm aus der Hand. Heidi beobachtet alles in sicherer Entfernung aus dem Auto. Es ist schon ergreifend diese Tiere in freier Natur zu beobachten.
Bevor wir nach Kashan zurück fahren, biegt Hassan noch in die richtige Wüste - mit feinem Sand und so, ab. Hier können wir genau verfolgen, wie schnell der Sand vom Wind verweht wird. Die Sonne scheint ziemlich stark, wir haben blauen Himmel und einige schöne weiße Wolken. Wir wollen gar nicht mehr weg.
Müssen wir aber, Hassen liefert uns wieder auf dem Parkplatz ab, wir verabschieden uns von ihm und steigen in das Auto von Mohammed. Unser erstes Ziel ist Abyaneh. Das älteste Dorf im Iran ist mit rotem Lehm gebaut und befindet sich ungefähr 100 Kilometer vor Esfahan, unserem heutigen Ziel.
Auf der Fahrt dahin reden wir erst ein bisschen über Politik und dann frage ich, wie es um die Beziehung von Männer und Frauen aussieht, die nicht verheiratet sind. Hier mal die Kurzform:
Mädchen dürfen im Iran laut Scharia mit 13 und Jungen mit 15 Jahren heiraten. In Saudi-Arabien sogar schon mit 9 Jahren. Normalerweise suchen die Eltern den Bräutigam aus, das Mädchen darf aber ablehnen. Machen sie meist nicht, da sie in der Familie überhaupt keine Rechte haben und alles verboten ist, was Spaß macht. Die Eltern des Jungen treffen sich mit den Eltern des Mädchen und verhandeln über die Hochzeit. Kommt sie zu Stande, werden 500 - 1500 Gäste erwartet - je nach Größe der Familie. Da alle Gäste großzügige Geschenke machen, wird die Feier kein wirtschaftliches Desaster, eher das Gegenteil. Eine Frau kann nur dann heiraten, wenn der Vater seine schriftliche Zustimmung gibt. Das gilt allerdings nur für die erste Hochzeit. Will ein Paar sich scheiden lassen, setzen beide Elternpaare sich zusammen handeln die Konditionen für die Frau heraus. Unverheiratete Paare dürfen in Hotels nicht zusammen schlafen. In einer Art Pass ist festgehalten, ob jemand verheiratet ist oder nicht. Männer und Frauen behalten nach der Hochzeit ihren eigenen Namen weiter. Wird eine unverheiratete Frau Mutter eines Kindes, ist das wohl der furchtbarste Gesichtsverlust für die eigene Familie. Eine Tragödie.
Genauso wie bei uns vor 60 Jahren, also gar nicht so lange her. Es ist sehr interessant die Argumentation eines Mannes zu hören, der sicher mit dem meisten was seine Regierung beschließt, einverstanden ist. Er verteidigt zum Beispiel die Hisbollah, die vom Iran unterstützt wird, als den Garant des Friedens im Nahen Osten. USA und Europa hingegen meinen, das es Terroristen sind. Wir retten zwar heute nicht die Welt, aber einige Dinge kann ich nun besser verstehen.
Abyaneh ist, wegen des noch anhaltenden Neujahrsfestes, sehr überlaufen. Die Zufahrt zum Parkplatz ist für einen Mitteleuropäer eine reine Katastrophe. Nicht nur das der Platz, auf dem die Autos stehen sollen, mit spitzen, großen Steinen übersät ist, nein alle paar Meter taucht auch noch ein großes Loch oder ein noch größerer Stein auf.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Autos aus allen Richtungen kommen und sich so regelmäßig zu parken. Es wird zwar wie wild gehupt, das aber wohl eher aus Langeweile. Eigentlich regt sich niemand auf, alle sitzen gelassen in ihren Wagen und drängeln. Die letzten Meter zum Dorf müssen wir einen Shuttle Bus nehmen.
Das Dorf an sich, reißt uns nicht sonderlich vom Hocker, erst als wir mit Mohammed den Berg auf der anderen Seite des Dorfes besteigen, haben wir einen tollen Blick auf diese im Berg errichtete Ortschaft.
Die letzten 100 km bis Esfahan überbrücken wir mit einem Mittagessen in Nadraz. In einem schönen Hotelrestaurant essen wir Reis und Kebap. Hier sehen wir auch unsere ersten weiblichen Kellnerinnen.

Danach erhalte ich eine Lektion im Erkennen der Nummernschilder. So haben z.B. Teheraner Autos als letzte zwei Zeichen immer eine doppelte, gleiche Zahl, also 11 oder 22 etc.. TÜV ist im Iran jedes Jahr nötig, allerdings sehen die Autos nicht so aus, als ob sie fahrtüchtig sind. Auf der Fahrt sehen wir unzählige Familien, die neben ihren Autos auf Teppichen sitzen und grillen oder picknicken.
In Esfahan haben wir Mühe unser Hotel zu finden, dank Google Maps kann ich Mohammed den richtigen Weg weisen. Zum Glück kann er die iranischen Straßennamen lesen. Ich hätte hier jämmerlich versagt.
Nach 13 gemeinsamen Stunden verabschieden wir uns, tauschen die Whatsappdaten und checken ein.
Das Hotel ist wunderschön und liegt nur 500 Meter vom Naqsch-e Dschahan entfernt, dem nach den Tianamen Platz in Peking, zweitgrößten Platz der Welt. Nach einer kurzen Ruhepause unternehmen wir in der Dunkelheit einen Spaziergang zu diesem UNESCO-Kulturerbe.



Es ist alles prächtig erleuchtet und gefühlt halb Esfahan ist im Moment dort unterwegs. Die Schönheit dieses Platzes lässt sich schwer in Worte fassen, wir wissen überhaupt nicht, wo wir zuerst hingucken sollen. Um den Platz reiht sich ein Geschäft an das andere, und im Inneren des Gebäudes stehen weitere Gelegenheiten sein Geld los zu werden.
Ein Laden ist schöner als der andere, ich glaube wir brauchen einen weiteren Koffer. Im Bastani Traditional Restaurant essen wir noch einen Kebap, trinken Tee und gehen dann nach Hause. Auf dem Weg nach Hause werden wir noch von einer Familie eingeladen bei ihnen zu übernachten. Falls wir kein Hotel haben.
Wir werden jeden Tag wieder aus Neue überrascht.
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